„1933“ von Hermann Fechenbach. Der Grafiker war ein Cousin Felix Fechenbachs und überlebte das Dritte Reich in England.
Frank Meier liest im Landesmuseum
„1933“ von Hermann Fechenbach. Der Grafiker war ein Cousin Felix Fechenbachs und überlebte das Dritte Reich in England.
Frank Meier liest im Landesmuseum

Verachtet! Fechenbach. Toller. Mühsam.

Lesereihe verfemter Autoren im Lippischen Landesmuseum Detmold

Eine kleine Lesereihe im frühen Herbst präsentiert im Rahmen der Sonderausstellung „Der Berliner Skulpturenfund. ´Entartete Kunst` im Bombenschutt" (Ausstellungseröffnung am 06. September 2015) im Lippischen Landesmuseum Detmold  drei im Dritten Reich verfemte Autoren: Felix Fechenbach, Ernst Toller und Erich Mühsam.

Was die drei Autoren verbindet

Nicht nur die Verachtung nach 1933 verbindet Fechenbach, Toller und Mühsam. Es handelt sich um drei Autoren, deren Lebenswege sich bereits zuvor kreuzten. Alle drei waren an der Novemberrevolution 1918 in München beteiligt, alle drei verbrachten bis in das Jahr 1924 einige Zeit als politische Häftlinge in süddeutschen Zuchthäusern.  

Bei aller Verschiedenheit, gar Gegensätzlichkeit, weisen ihre Schicksale eine Gemeinsamkeit auf: „Verachtet!“ wurden diese drei Autoren schon Jahre vor dem Machtantritt Hitlers. Antidemokraten und die politische Rechte verachteten Fechenbach, Toller und Mühsam als Novemberrevolutionäre, als Pazifisten, als antiautoritäre Geister, als Juden. Alle drei traten dieser Verachtung entschlossen entgegen. Die Lesereihe „Verachtet!“ möchte an sie erinnern.

Teil 1: Felix Fechenbach

Ab 1929 kämpfte der Journalist Felix Fechenbach in Detmold gegen die erstarkende NSDAP; im Sommer 1933 wurde er im Kleinenberger Wald zwischen Paderborn und Warburg von lippischen SA- und SS-Männern erschossen. Sein Werk umfasst atmosphärisch dichte, kritische Sozialreportagen über die Gassen und Gossen Berlins in den 1920ern, Fabeln, Satiren und autobiographische Schriften. Heinrich Mann nannte ihn, der so entschieden stritt, „eine sanfte Seele“; Carl von Ossietzky schrieb, Fechenbach sei „ein Sozialist aus Humanität, ein milder und vielleicht etwas knabenhafter Mensch“ gewesen. Oskar Maria Graf, Kurt Tucholsky und weitere nach 1933 verbotene Autoren äußerten sich ebenfalls über Fechenbach, dessen Werk und Leben in dieser Lesung vorgestellt werden.

Teil 2: Ernst Toller

Ernst Tollers Lebenserinnerungen „Eine Jugend in Deutschland“ sind berührend. Sie zeichnen episodenhaft, einfühlsam und jeder Person mit Verständnis begegnend nach, wie er freiwillig in den Ersten Weltkrieg zog und sich zum Pazifisten und Sozialisten entwickelte. Toller publizierte die Schrift im Jahre 1933, bereits im Exil und datierte das Vorwort mit dem Hinweis „am Tag der Verbrennung meiner Bücher in Deutschland“. Er schrieb einen offenen Brief an Goebbels, um gegen die Bücherverbrennung zu protestieren, engagierte sich in mehreren Exilgruppen, verzweifelte zuletzt und erhängte sich 1939 in einem New Yorker Hotelzimmer. Außer „Eine Jugend in Deutschland“ werden auch Gedichte aus seinem „Schwalbenbuch“ und anderes vorgetragen.

Teil 3: Erich Mühsam

„Ich hab`s mein Lebtag nicht gelernt, mich fremdem Zwang zu fügen.“, beginnt ein Gedicht des Anarchisten und Pazifisten Erich Mühsam, und jede Strophe des Gedichtes endet mit der Zeile: „Sich fügen heißt lügen.“ Mühsam schrieb derlei nicht nur, es entsprach seiner Lebensgestaltung. Im Februar 1933 wurde er verhaftet. Monatelang wurde er körperlich und seelisch misshandelt. Als man ihn zwingen wollte, Mithäftlingen Ohrfeigen zu geben, fügte er sich wieder nicht, woraufhin seine Folterknechte ihn zusammenschlugen und ihm in den Mund spuckten. Nach einer langen Folge solcher Qualen wurde Erich Mühsam im Juli 1934 im KZ ermordet. Die Lesung greift auf Lyrik, Prosa, Tagebucheinträge und eine Publikation der Ehefrau Zenzl Mühsam zurück, um einem empörten, und doch sensiblen, ironischen, durchaus religiösen Menschenfreund nachzuspüren.

Frank Meier

Der Autor realisiert die Lesereihe im Lippischen Landesmuseum Detmold. In Nummer 15 der Internet-Publikation „Rosenland. Zeitschrift für lippische Geschichte“ hat Frank Meier eine szenische Textcollage zum Leben Fechenbachs veröffentlicht. Ebendort finden sich auch aktuelle Beiträge von Andreas Ruppert, Jürgen Hartmann und anderen über Felix Fechenbach.

Siehe: Rosenland - Zeitschrift für lippische Geschichte, September 2013

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